Thema: Kein Mut für ein anderes EuropaNeuer Beitrag
Von: Demirtas (LinkerSozi) Das Volk 10.03.2013 21:45 Uhr
14. September 2012

Kein Mut für ein anderes Europa - Die SII zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts und dem Ausgang der Parlamentswahl in den Niederlanden

Nun sind für den weiteren Werdegang Europas gleich zwei Entscheidungen von Tragweite an einem Tag gefallen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil viele Kritiker eines "weiter so" in der EU enttäuscht. Mit Spannung wurde das Urteil erwartet, doch auch eine selten dagewesene Klagewelle von Linkspartei, Peter Gauweiler (CSU) sowie 30.000 Bürgern konnte das Verfassungsgericht nicht von den demokratischen, strukturellen und sozialen Defiziten des ESM überzeugen. Während die Mainstream-Medien und Vertreter der meisten Parteien und die EU jubelten, stellten der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger und Gregor Gysi richtig fest: Die Armen zahlen jetzt für die Reichen und der ESM-Vertrag ist ein Weg in die "Vereinigten Schulden von Europa". Immerhin ein Trostpflaster und Teilerfolg: der Bundestag muss erneut gehört werden, falls ein höheres Haftungsrisiko entstehen sollte.

Dabei ist der ESM aus vielen Gründen abzulehnen: Zum einen wird das demokratische Haushaltsrecht des Bundestages stark eingeschränkt, zum anderen wird ein falsches ökonomisches Konzept festgeschrieben: Vor allem Rentner, Arbeitnehmer und Kleinbetriebe müssen letztlich die Rettungsschirme finanzieren, die zudem leider nicht bei den Bürgern der betroffen Länder - wie Griechenland und Spanien - ankommen, sondern vor allem dafür verwendet werden, marode Banken zu retten. Dass die Richter wenigstens eine Haftungobergrenze von 190 Milliarden vorschreiben, gibt insofern Hoffnung, als davon auszugehen ist, dass weitere Rettungsschirme von Karlsruhe nicht gänzlich unbeobachtet bleiben werden.

Derweil wurde in unserem westlichen Nachbarland, den Niederlanden, ein neues Parlament gewählt. Auch dies ist für die weitere Entwicklung der Europäischen Union nicht unwichtig (man erinnere sich daran, welche Dynamik seinerzeit von dem niederländischen “Nein” zur EU-Verfassung ausging).

Die Niederlande gelten als eine Art Indikator für weitere Entwicklungen Europas und sind ökonomisch als europäisches Kernland trotz geringer Größe von Bedeutung. Auch diese Wahl wurde sowohl in Brüssel, als auch von Bundeskanzlerin Merkel genau beobachtet, stand doch die Frage, ob die Niederlande weiter an der gescheiterten einseitigen Sparpolitik festhalten. Daher wurde mit Argwohn beobachtet, dass lange Zeit die ehemals maoistische und heute demokratisch-sozialistische SP als Favorit die Umfragen anführte. Ein Sieg der SP hätte sicher so einiges in der Architektur der Spardiktate Europas zum Wackeln gebracht und die mangelnde fehlende basisdemokratische Struktur europäischer Institutionen offener zu Tage gebracht.

Lange Zeit sprach vieles für einen Sieg der Sozialisten. Auf den letzten Metern gelang es den Vertretern der Rechtsliberalen und vor allem der Sozialdemokraten in den Fernsehduellen noch die SP auszubooten, so dass der Sozialdemokratischen Partei (PvdA) und deren Spitzenkandidaten Samsom eine regelrechte Aufholjagd gelang. Sicher, die PvdA ist in manchen Fragen erträglicher und will nicht so starke Kürzungsprogramme, jedoch zeigt vor allem die Politik, die die PvdA unter der Ära Wim Kok betrieben hat, dass es kein wirklichen Wechsel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit geben wird. Zudem ist die PvdA ohnehin zur Juniorrolle mit den Rechtsliberalen verdammt.

Erfreulich ist, dass Gert Wilders und die rechtspopulistische “Partei der Freiheit” mit ihren platten Parolen und Antworten, die eine Mixtur aus Ressentiments gegenüber Einwanderern und einer radikalen Ablehnung der europäischen Idee darstellen, nicht mehr ziehen, sie sind die großen Wahlverlierer.