Chat-Transkript vom 18.05.2009

Werner Becher, Parteivorsitzender des Liberalen Forums (LIF)

Thema: Zukunft des Liberalismus in Österreich

: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Hallo zusammen. Wir erwarten heute Herrn Werner Becher zum Chat. Ich hoffe, dass er hier auch gleich eintreffen wird.
Moderator: Herr Becher ist Vorsitzender des Liberalen Forums und wird zum Thema "Die Zukunft des Liberalismus in Österreich" Stellung beziehen.
Moderator: Ich kläre gerade ab wieso er noch nicht hier eingetroffen ist.
Moderator: Ich habe soeben mit seinem Büro telefoniert. Seine Mitarbeiterin klärt es gerade ab.
Moderator: Es gibt ja gerade ein paar technische Schwierigkeiten...
: Werner_Becher hat den Raum betreten
Moderator: So -herzlich Willkommen, Herr Becher :)
Werner_Becher: Bitte um Entschuldigung für meine Verspätung !!!
Moderator: Kein Problem. Es hat ja noch geklappt.
Moderator: Dann fangen wir auch gleich an.
Moderator: Hallo und Herzlich Willkommen bei dol2day, Herr Becher. Mein Name ist Fred Härtelt, ich bin Internetkanzler bei dol2day und werde den Chat heute moderieren.
Moderator: Zu Gast ist heute Herr Werner Becher. Herr Becher ist Vorsitzender des Liberalen Forums (LIF). Thema des Chats ist die Zukunft des Liberalismus in Österreich. Möchten Sie sonst noch etwas von Ihrer Seite anfügen?
Werner_Becher: Gerne
Werner_Becher: Das Liberale Forum (LIF) ist quasi die Schwester der FDP
Moderator: Danke :)
Moderator: Erste Frage von mir für alle die das Liberale Forum (LIF) nicht kennen: Für welche Themen steht denn die LiF konkret bzw. was sind ihre Grundsätze?
Werner_Becher: Nachdem wir in Ö mehr als genug Rechts-Parteien haben, stehen wir ein wenig mehr links der FDP - soweit mal zru Einleitung
Werner_Becher: Wir stehen (wie auch die FDP) für die soziale Marktwirtschaft und sind demnach Ordoliberale
Moderator: Würden Sie die Ausrichtung der LIF selbst eher als linksliberal bezeichnen? Immerhin wurde vor den letzten Nationalratswahlen 2008 verkündet eine Koalition mit SPÖ und Grünen einzugehen.
Werner_Becher: Im internationalen Kontext eher nicht, im Vergleich zur Deutschland und zur FDP aber ja :-)
Moderator: Dann kommen wir zu den ersten Fragen aus der Community.
Moderator: Frage von Phönix: Was war Ihrer Meinung die Ursache, dass die LIF nur ein mageres Ergebnis von 2,1% bei der letzten Nationalratswahl erreichte?
Werner_Becher: Ich sehe 3 Hauptursachen: 1) mangelhafte Parteistruktur - im wesentlichen auf Wien beschränkt (keine Landesparteien= 2) Haltungswahlkampf und kein Themenwahlkampf = keine Ecken und Kanten gezeigt 3) nur gesellschaftsliberale Themen in Öffentlichkeit bekannt, aber keine Wirtschaftskompetenz wahrnehmbar
Moderator: Frage von Makenshi an Werner Becher:    "Wie drückt sich das "weiter Links als die FDP" stehen in ihrer Politik aus?"
Werner_Becher: Der Markt ist für uns wichtig, aber immer im Kontext zur gesellschaftlichen Verantwortung = wir sind für einen schlanken aber starken Staat, der die Spielregelen für den Markt definiert und auch streng kontrolliert und wollen die Märkte nicht nur sich selbst überlassen
Moderator: Frage von Tochigi an Werner Becher:    "Was halten Sie für die Gründe, dass das LiF in Österreich nicht zumindest auf dem Niveau der FDP abschneidet? Braucht Österreich keine liberale Partei oder gibt es weniger Liberalen?"
Werner_Becher: In Ö gab es keine Aufklärung und wir sind ein stark katholisch und damit konservativ geprägtes Land in dem durch viele Jahre sozialistischer Regierung der Begriff "liberal" eher ein Schimpfwort ist
Moderator: Frage von Scheel an Werner Becher:    "Sehr geehrter Herr Becher, ich habe das LiF bisher nicht nur als "ein wenig mehr links der FDP" kennengelernt, sondern tlw. gewaltig (80% Spitzensteuersatz). Wäre es nicht strategisch sinnvoller sich stärker auf Wirtschaftsthemen zu fixieren (nicht so stark wie früher die FDP, aber stärker als beim LiF bisher üblich)? Die anderen Parteien stehen kaum für mehr wirtschaftliche Freiheit - und für gesellschaftliche auch nicht unbedingt?"
Werner_Becher: Das Potential an Liberalen wird auf 5-10% in Ö eingeschätzt
Werner_Becher: da stimme ich ihnen 100%ig zu und bin auch im herbst letzten jahres angetreten, um genau das zu ändern und für das LIF ein neues Programm mit starkem wirtschaftspolitischem Profil zu entwickeln = wir wollen aus dem sozialliberalen Eck heraus!
Moderator: Frage von Isha: Wie sehen Sie die Zukunft des Liberalismus in Österreich und auch die Zukunft Ihrer Partei?
Werner_Becher: Als Liberale haben wir gar keine andere Wahl, als für unsere Idelogie zu kämpfen! Ich möchte dem LIF Strukturen und ein Programm verpassen, dass mittel- und langfristig einen Aufbau als wahrnehmbare Grösse in Östereich ermöglicht und mit vernünftiger Struktur und für die Menschen klar erkennbaren liberalen Botschaften sollten wir als Partei auch bald wieder für unsere Zielgruppe wählbar sein
Moderator: Frage von Phönix: Sie haben beschlossen nicht bei der Europawahl anzutreten. Was sind die Gründe für diese Entscheidung?
Werner_Becher: Für uns kommen die EU-Wahlen zu früh und die Wahrscheinlichkeit eines nocht erfolgreichen Abschneidens mit den noch nicht fertig aufgebauten Strukturen wäre zu hoch gewesen - da wir nur 17 Mandatare aus Ö stellen können, hätten wir mind. 5% erreichen müssen
Moderator: Frage von Lachlöwe an Werner Becher:    "Wer ist denn Ihre Zielgruppe? Die "Gut-Verdiener" oder auch sozial schwache Menschen?"
Werner_Becher: Die Menschen, die ihr Gehirn auch benutzen :-) Grundsätzlich natürlich alle Menschen, aber Menschen mit höherer Bildung stellen den Grossteil unserer Wähler und stehen damit in unserem Fokus
Moderator: Frage von Isha: Österreich hat angekündigt aus dem Kernforschungsprojekt CERN auszusteigen. Wie bewerten Sie den Entschluss?
Werner_Becher: Wir haben massiv und lautstark dagegen protestiert und erst vor wenigen Stunden hat heute der Bundeskanzler den Ausstieg wieder gestoppt = wir bleiben on board und freuen uns darüber sehr
Moderator: Frage von Scheel an Werner Becher:    "Wie schätzen Sie die Chancen der JuLis bei der EU-Wahl ein? Unterstützen Sie ihre Jugendorganisation, damit überhaupt die Chance besteht, einen Liberalen nach Brüssel/Straßburg zu schicken"
Werner_Becher: Die JULIs sind im Unterschied zu D eine eigenständige Gruppierung, die nicht so eindeutig wie in D unsere Jugendorganisation ist und auch gegen unseren ausdrücklichen Wunsch kandidiert. Wir unterstützen den Antritt deshalb NICHT und distanzieren uns auch davon, da mangels Organisation, Budget, Wahlkampferfahrung, etc. von einem Wahlergebnis von 0,00x auszugehen ist
Moderator: Frage von Makenshi an Werner Becher:    "Denken sie das eine Partei wie die ihre neben der FDP in Deutschland eine Chance hätte?"
Werner_Becher: Nein, da der Deckungsgrad mit der FDP viel zu hoch wäre
Moderator: Frage von François an Werner Becher:    "Die Frage hat nicht unbedingt etwas mit Ihrer Partei zu tun - mich würde aber dennoch interessieren, warum die rechten Parteien in Österreich so stark sind (gemeint sind FPÖ und BZÖ)."
Werner_Becher: Die rechten Parteien in Ö haben (sehr ähnlich der Linken in D) keine Konzepte sondern sind nur populitischen GEGEN alles - mit Unterstützung diverser Boulevard-Medien ist damit sehr viel Protestpotential zu gewinnen
Moderator: Frage von Tinteline an Werner Becher:    "Das Österreich nicht aus dem Kernforschungsprojekt aussteigt ist eine sehr gute Nachricht. Was denken Sie war der entscheidene Auslöser? (Petitionen, Leserbriefe, Demonstrationen ...)"
Werner_Becher: Die sehr negative Berichterstattung in den österr. Medien (getrieben von uns aber auch den Grünen)
Moderator: Frage von Lachlöwe an Werner Becher:    "Wollen Sie - und wenn ja wie - dafür sorgen, dass mehr Menschen ihr "Hirn nutzen" können? Also die Bildungschancen und Bildung erhöhen?"
Werner_Becher: Natürlich und da sind wir auch schon ein wenig bei den kleinen Unterschieden zur FDP: Wir sind definitiv für deutlich höhere Bildungsinvestitionen des Staates, da wir CHANCENGLEICHHEIT für ALLE Menschen wollen
Moderator: Frage von Scheel an Werner Becher:    "Wäre es für die Zukunft nicht sinnvoll sich mit den JuLis abzustimmen? Gegeneinander agierende liberale Organisationen schaden doch? Immerhin war Alegra bis vor kurzem auch LiF-Pressesprecherin (und sie hat ja schon in D Wahlkampferfahrung gesammelt). Ich finde es jedenfalls schade, wenn man das kleine liberale Potential spaltet und verunsichert."
Werner_Becher: nutzen müssen diese Chancen dann die Menschen selbst = leistungsorientierung
Werner_Becher: Es gabe Gespräche mit den JULIs, diese sind aber ohne Ergebnis verlaufen und die JULIs wollten unbedingt antreten, auch wenn die Voruassetzungen dafür alles andere als tauglich sind/waren
Moderator: Frage von Richard B. an Werner Becher:    "Sind Sie denn auch für mehr Verteilungsgerechtigkeit, die ja eine Voraussetzung für mehr Chancengleichheit ist?"
Werner_Becher: Wir stehen für Chancengleichheit, aber auch ganz klar für Eigenverantwortung und Leistungsorientierung - Umverteilung ist kein LIF-Konzept!
Moderator: Frage von Richard B. an Werner Becher:    "Finden Sie Ihren Seitenhieb auf die Linke. in Deutschland nicht reichlich populistisch? Die Linke. in Deutschland hat Konzepte, ein Blick ins Programm könnte helfen."
Werner_Becher: Auch die Rechtsparteien in Ö haben Parteiprogramme, aber in der Aussenkommunikation nutzen sie diese wie meiner Wahnehmung nach auch die Linken nicht sondern polemisieren primär
Moderator: Frage von Phönix: Außenpolitisch fordern Sie einen ständigen Sitz Europas im UN Sicherheitsrat. Wie soll dies konkret aussehen?
Werner_Becher: Die Struktur des Sicherheitsrats wie der UNO generell ist noch sehr geprägt von der Nachkriegszeit und deshlab mittlerweile anachronistisch und bedarf einer Neuordnung. Als glühende Fans einer starken EU wollen wir auch unsere Interessen durch einen Vertreter der EU wahrgenommen wissen
Moderator: Frage von Richard B. an Werner Becher:    "Ihnen ist aber klar, daß höhere Bildungsinvestionen alleine mehr Chancengleichheit nicht bringen, sondern daß es auch darauf ankommt, daß die Vermögen gerechter verteilt sind? Wenn Sie an ungerechter Einkommensverteilung nichts ändern, ändern Sie auch nichts an Bildungskarrieren."
Werner_Becher: ist mir nicht klar uns sehe ich auch anders - chancengleichheit bspw. in form von bildungsstandards soll und kann dafür sorgen, dass auch kinder aus bildungsfernen schichten den aufstieg schaffen können -> Umverteilung von Vermögen ist leistungsfeindlich und greift in indirekt in eigentumsrechte ein und lehne ich deshalb ab, vermögenzuwachssteuern kann ich mir aber grundsätzlich vorstellen wenn im gegenzug lohnnebenkosten aufwandsneutral gesenkt werden und damit der faktor arbeit entlastet und der faktor kapital stärker/fairer belastet wird
Moderator: Kommen wir zu letzten und abschliessenden Frage. Die Zeit ist leider schon wieder um. Wie beurteilen Sie aktuell die Regierungskoalition in Österreich?
Werner_Becher: Nur verwalten aber nichts gestalten! = die Zeit bis zur nächsten Wahl einfach tatenlos absitzen und hoffen, den Rechtsparteien damit möglichst wenig Angriffsfläche für Kritik bieten zu können
Moderator: Ich bedanke mich ganz herzlich im Namen der gesamten Community für das interessante Gespräch und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend. Danke.
Werner_Becher: Ich bedanke mich für die Einladung und bitte nochmals um Entschuldigung für meine Verspätung, aber auch für meine zahlreichen Tippfehler :-)
Moderator: Kein Problem :) Und empfehlen Sie uns weiter :)
: Werner_Becher hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum verlassen