Ich weiß von ihr seit etwa 25 Jahren bewusst, seitdem habe ich das Langgedicht "Drei Frauen" in meinem Besitz und lese immer wieder darin. Je mehr ich mich seit einigen Jahren mit Gender Studies beschäftige - nicht zuletzt auch als eine Deutungsperspektive auf Literatur - rückt sie und ihr Werk weiter in den Fokus. Ich werde hoffentlich bald noch andere Werke von ihr lesen.

In dem erwähnten Langgedicht wecheln sich drei Frauenstimmen ab in monologartigen Gedichten über Frausein und Mutterwerden. Der folgende kurze Auszug ist vom Stil her zugespitzter als viele andere Teile des Werks, hat mich aber immer sehr beeindruckt:

"Zweite Stimme

Ich hab es nicht geglaubt, als ich entdeckte
Was da ausgesickert war, klein und rot.
Ich hab die Männer im Büro um mich herum betrachtet.
Sie waren so platt.
So platt etwa wie Pappkartons. Schlagartig wußte ich,
Diese platteste Plattheit brütet Ideologien,
Zerstörungen aus, Bulldozer, Guillotinen,
Weiße schalldichte Räume - die kalten Engel,
Abstraktionen ohne Ende.
Ich saß an meinem Platz, hochhackig, feinbestrumpft, (...)"

Sylvia Plath, Drei Frauen, 1960, in einer Ãœbersetzung von Friederike Roth, 1991