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Ist eine Leiche eine Person? |
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29.04.2021 11:54 Uhr |
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Da ein Mensch mit Eintritt des Todes seine Persönlichkeit verliert, ist das zu verneinen.
Somit ist es eben nur ein toter Mensch. |
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29.04.2021 11:54 Uhr |
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Ich hätte mal gehört, dass die Persönlichkeitsrechte mit dem Tod zu einem weit grad erlöschen. Da geht es um Schutz der Daten und so.
Wie weit das greift, damit habe ich mich formal nie beschäftigt. |
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29.04.2021 12:02 Uhr |
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Die Wahrung der Totenruhe ist vermutlich für die Angehörigen und Freunde sehr viel wichtiger als für den Toten - zumindest nach seinem Tod. Davor dürften die meisten Menschen nicht das Bedürfnis verspüren, ihren zukünftigen Leichnam entweihen zu lassen. |
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29.04.2021 12:04 Uhr |
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Es geht hier eben nicht um rechtliche Definitionen. Sondern um das Sein des Menschen. Als ich meinen Vater tot auffand, war er die Person, die er immer war. Als er dann im Sarg lag, war er nur noch ein lebloser Körper.
Aber andererseits kann selbst im polizeilichen Umgang eine Leiche eine Person sein. Denn als polizeilicher Ermittlungsgegenstand rückt die durch die Leiche vergegenständlichte Tat wieder in das Leben der Hnterbliebenden oder des Täters ein und wird ein im Weitesten Sinne soziales Problem.
Es ist also nur sehr grob zutreffend, dass eine Leiche ihre Persönlichkeit verlieren würde. Persönlichkeit oder Person ist ein existentielles Zutun-Haben-mit-Anderen. Und bei einer Leiche lässt sich jedenfalls feststellen, dass sie eine von den Anderen geliehene Persönlichkeit behält. Mitunter sogar sehr individuell. |
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29.04.2021 12:10 Uhr |
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@ Ignaz Seipel
Was den Persönlichkeitsrechtsschutz angeht ist das eine interessante Frage, ich erlaube mir mal darauf zu antworten:
Es gibt einen obergerichtlich und auch vom BVerfG gewährten, postmortalen Persönlichkeitsrechtsschutz, der sich allerdings nicht aus dem allg. Persönlichkeitsrecht ableitet sondern aus der Menschenwürdegarantie. Grundsätzlich erlöschen Grundrechte mit dem Tod des Grundrechtsträgers, deshalb bedarf es einer besonderen Herleitung dafür, dass Verstorbenen darüber hinaus ein gewisses Schutzniveau zusteht. Abgeleitet wird das aus einem allgemeinen Achtungsanspruch, den ein Toter hat; dieser Rechtsanspruch soll quasi gewährleisten, dass er bzw. seine Nachkommen sich über den Tod hinaus gegen vereinnahmende Äußerungen wehren können. Das passiert relativ häufig, der diesbezügliche Klassiker sind unwahre Tatsachenbehauptungen.
Die Leitentscheidung des BVerfG dazu ist die Mephisto-Entscheidung aus den 1970er-Jahren, der BGH hat ebenfalls etliche Rechtsprechung dazu abgelassen, weil die Unterlassungsansprüche sich nicht direkt aus Grundrechten, sondern aus § 1004 BGB ergeben und mit der Grundrechtsargumentation angereichert werden.
Zum Verständnis besser geeignet empfinde ich aber die Ausführungen des BVerfG in der Kaisen-Entscheidung von 1994. Hier wehrten sich (erfolglos) die Nachkommen des hier vielleicht bekannten Wilhelm Kaisen gegen eine Vereinnahmung der DVU, die in einer Wahlkampfzeitung u.a. mit dem Konterfei Kaisens warb und überschrieb: "Auch sie würden DVU wählen". Hierzu als Zitat die wesentliche Passage, die herleitet, was der Grundrechtsschutz umfasst:
Zitat:(2) Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab beim Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts Wilhelm Kaisens ist das Gebot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG. Die mit Art. 1 Abs. 1 GG der staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, alle Menschen gegen Angriffe auf die Menschenwürde wie Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und dergleichen zu schützen sowie davor zu bewahren, dass sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, verspottet oder sonst wie herabgewürdigt werden (BVerfGE 1, 97 <104>; NJW 2001, S. 591 <593>), endet nicht mit dem Tod (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Demgegenüber besteht kein Schutz des Verstorbenen durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person ist (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entwickelte grundrechtliche Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts scheidet damit als unmittelbarer Prüfungsmaßstab des angegriffenen Urteils aus. Dementsprechend ist der aus Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht identisch mit den Schutzwirkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Bundesverfassungsgericht betont deshalb in ständiger Rechtsprechung Unterschiede zwischen der Menschenwürde und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ein Unterschied zeigt sich etwa daran, dass die Menschenwürde im Konflikt mit der Meinungsfreiheit nicht abwägungsfähig ist, während es bei einem Konflikt der Meinungsfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht regelmäßig zu einer Abwägung kommt (vgl. BVerfGE 93, 266 <293 f.>).
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Geschützt ist bei Verstorbenen zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht. Dieser Schutz bewahrt den Verstorbenen insbesondere davor, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Schutz genießt aber auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat. Steht fest, dass eine Maßnahme in den Schutzbereich des postmortalen Persönlichkeitsrechts eingreift, ist zugleich ihre Rechtswidrigkeit geklärt. Der Schutz kann nicht etwa im Zuge einer Güterabwägung relativiert werden.
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Beeinträchtigungen können dementsprechend nicht durch die grundrechtliche Gewährleistung kollidierender Freiheitsrechte - etwa der Meinungsfreiheit - gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 75, 369 <380>). Da aber nicht nur einzelne, sondern sämtliche Grundrechte Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass es stets einer sorgfältigen Begründung bedarf, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>). Dafür genügt ein Berühren der Menschenwürde nicht. Vorausgesetzt ist eine sie treffende Verletzung. Bei Angriffen auf den durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruch genügt beispielsweise nicht dessen Infragestellung, wohl aber deren grobe Entstellung. Ob eine solche Verletzung bei einer konkreten Meinungsäußerung gegeben ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung ihres Sinns klären, für dessen Deutung der Kontext, hier auch die Verwendung einer Äußerung im Wahlkampf, einzubeziehen ist. Bei der Prüfung der Eignung zur Verletzung der Menschenwürde kann ebenfalls erheblich werden, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung handelt und der Wahrheitsbeweis gelingt oder misslingt oder ob eine subjektiv-wertende Stellungnahme vorliegt.
Wo wir schon bei rechtlicher Bewertung dieser Frage sind: Der menschliche Körper wird mit seinem Ableben nach herrschender Meinung zu einer Sache i.S. § 90 BGB, das ist vor allem im Strafrecht relevant, weil das Entwenden einer Leiche damit u.a. einen Diebstahl darstellen kann (wenn es Gewahrsamsverhältnisse hieran gab).
Wenn aber in einem Polizeibericht von der Tötung einer Person und entsprechenden Ermittlungen die Rede ist, ist auch das richtig, denn zum Zeitpunkt der Tötung war es ja unzweifelhaft ein Mensch und die Ermittlungen beziehen sich auf die Tötung. |
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Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 29.04.2021 12:13 Uhr. Frühere Versionen ansehen |
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