Chat-Transkript vom 19.12.2003

Benjamin Hoff, Hochschulpolitischer Sprecher der PDS im Berliner Abgeordnetenhaus

Thema: Studentenproteste in Berlin und anderswo

: Arne_(SII) hat den Raum betreten
Arne_(SII): test
: LosPorcos_(sii) hat den Raum betreten
LosPorcos_(sii): Test auch
LosPorcos_(sii): Hi
LosPorcos_(sii): Hallo?
: LosPorcos_(sii) hat den Raum verlassen
: LosPorcos_(SII) hat den Raum betreten
LosPorcos_(SII): Hallo?
: Arne hat den Raum betreten
Arne: hallo
LosPorcos_(SII): Ah da bis du ja
Arne: mir ist eben der rechner stehen geblieben, und mein anderer chat-account wurde nicht ausgeloggt. zum glück habe ich hier noch einen DA *gg*
Arne: ich ruf mal benjamin an
LosPorcos_(SII): Mach da mal
Arne: er kommt gleich
: Benjamin_Hoff hat den Raum betreten
Benjamin_Hoff: Guten Tag. Habe es geschafft!
LosPorcos_(SII): Da ist er ja. Hallo Benjamin
Arne: re
: tesoruccio_(amc) hat den Raum betreten
Arne: @teso das ist heute ein promi-chat der parteienchat ist am sonntag
: tesoruccio_(amc) hat den Raum verlassen
: tesoruccio_(amc) hat den Raum betreten
: tesoruccio_(amc) hat den Raum verlassen
LosPorcos_(SII): @ Arne: Wer wird denn heute die Fragen filtern?
LosPorcos_(SII): @Benjamin: Ich bin im übrigen Martin Porsch. Schön dich kennen zu lernen
Arne: wir haben ein technisches prob. benjamin hat sich versehentlich -- wie ich eben -- rausgeworfen ohne technisch ausgeoggt zu sein
LosPorcos_(SII): OhOh. Kann denn hier keiner kicken, oder was?
Arne: nur die redax. kommt aber gleich
Arne: *telefonier*
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Hallo :) Tschuldigung für die Verspätung. Warten wir, bis Benjamin wieder drin ist.
: Benjamin_Hoff hat den Raum betreten
Arne: kein problem. alle sind im weihnachtsstress
Benjamin_Hoff: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin jetzt da!
LosPorcos_(SII): Da sind wir ja wieder alle beisammen
Arne: vorstellungsrunde
Moderator: Guten Abend. Ich begrüsse Dich, Benjamin und bitte darum , Dich erst einmal vorzustellen.
Moderator: Mein Name ist Oliver und ich werde den Chat heute moderieren.
Arne: also ich bin arne, ihr da draußen kennt mich ja. ich hole immer die ganzen "roten socken" in die dol-chats. selber bin ich immer noch mitglied dieser partei, und moderieren tut heute eigentlich los porcos aus dem vorstand der SII
Benjamin_Hoff: Ich bin seit 1995 für die PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und dort wissenschafts- und wirtschaftspolitischer Sprecher. Nebenbei schreibe ich an meiner Dissertation und bin Lehrbeauftragter an der HU-B. Ich bin 27 Jahre alt.
Arne: ...also moderieren neben oliver natürlich ;-)
LosPorcos_(SII): Ich heiße Martin Porsch. Bin Schüler. Mach in 1 1/2 Jahren mein Abi und will dann studieren. Und heute bin ich Co-Co-Moderator
Moderator: Uh lala, das wusste ich nicht, mit der Moderation :)
Benjamin_Hoff: Ich bin wohl eher ein schwerer Fall, auf den gleich 2 Moderatoren angesetzt werden?!
Moderator: Steigen wir in das Thema ein: die Studentenproteste in Berlin. Vielleicht erst einmal ein kurzer Überblick von Dir, Benjamin, worum es dort überhaupt geht?
Arne: @benjamin, nee, einer von der redaktion sammelt immer die fragen von "draußen" (diese leute sehen wir hier nicht) und ein gastgeber ist immer zur unterstützung da
Benjamin_Hoff: Die Studierendenproteste umfassen im Kern vier Bereiche: 1. Protest gegen die Einsparungen im Hochschulbereich. 2. Widerstand gegen die Studienkontenidee von Wissenschaftssenator Flierl. 3. Forderung nach Demokratisierung der Hochschulen (mehr studentische Mitbestimmung). 4. Solidarisierung mit anderen gesellschaftlichen Gruppen.
Moderator: Wieso wurde im Rahmen der Studentenproteste genau das PDS Büro besetzt und wie steht die PDS zu den Protesten, bzw. untesrtützt sie diese in irgendeiner form?
Moderator: Kurze Anmerkung an die Fragensteller: Die Fragen werden erstmal gesammelt, kommen dann nach und nach rein.
Arne: @oliver, irgendwie spinnt der chat heute, oder wir spinnen. losporcos hat sich eben auch gekickt und kommt nicht wieder rein ;-)
Moderator: Mmmh, seltsam... ich regel das...
Benjamin_Hoff: Das PDS-Büro wurde besetzt, aus zwei Gründen: Zum einen natürlich, weil die PDS als Teil der Regierungskoalition für die Einsparungen in Berlin mitverantwortlich ist - ob diese Politik sinnvoll ist, kann ja dann noch diskutiert werden. Zum zweiten, weil die Schwäche und die Stärke der PDS zugleich darin besteht, gegenüber politischen Protest besonders empfänglich zu sein. Mit anderen Worten: Gerade weil die PDS politischen Protest ernst nimmt, gilt sie als schwach in der machtpolitischen Wahrnehmung der Studierenden. Andererseits wird von ihr am ehesten erwartet, dass sie auf die Studierenden zugeht. Das tun wir auch, in dem wir mit den Studierenden debattieren und über Gemeinsamkeiten und Unterschiede sprechen. Das ist nicht einfach und wird umso schwerer, je länger der Protest dauert, ohne das signifikante Erfolge spürbar werden.
: LosPorcos_(SII) hat den Raum betreten
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Ist es als sozialistische Politik zu bezeichnen wenn der Schwerpunt der Haushaltssanierung Berlins(die unbestritten nach Landowsky-Machenschaften und CDU-Küngel notwendig geworden ist) auf dem Rücken der Studenten ausgetragen wird? "
Benjamin_Hoff: An dieser Stelle haben wir eine unterschiedliche Wahrnehmung. Die PDS hat bereits vor den Wahlen 2001 gesagt, dass Prioritätensetzung für Bildung in einer extremen Haushaltsnotlage bedeutet, dass wir in den Bereichen Schule, Hochschule, Wissenschaft, weniger sparen als in anderen Bereichen. Das haben wir bisher auch so umgesetzt.
LosPorcos_(SII): Hälts du die Forderung der Studenten im allgemeinen für vernünftig oder übertrieben?
Moderator: Frage von skintom an Benjamin Hoff:    "Benjamin, Studiengebühren, Studienkonten nun als weitere Verschärfung, Demokratisierung der Hochschulen, Solidarität mit anderen politischen Gruppen, all dies waren auch unsere Themen zu der Zeit als ich im SHB und MSB von 1976 bis 1987 an der Hochschule im AStA, Fachschaften, auf Demos gekämpft haben. Wir konnten damals diese verschärfungen weitgehend abwehren. Wie siehst Du heute die Erfolgschancen der Studentenbewegung gegen die erneuten Angriffe des Kapitals ?"
Moderator: Frage von Sowjet an Benjamin Hoff:    "Wieso bekennt sich die PDS in ihrem neuen Parteiprogramm zum Kapitalismus ?"
Benjamin_Hoff: Tut sie dies?! Die PDS hat auf ihrem Parteitag in Chemnitz ein Programm beschlossen, das im klassischen Sinne ein radikalreformerisches Programm darstellt. Das bedeutet, dass wir einerseits mit dem Programm die Grundlagen unserer Politik im hier und heute bestimmen und andererseits aufzeigen, wie diese Politik eine gesellschaftlich transformatorische Wirkung entfalten soll. Mit anderen Worten: Der stetige Weg nach dem gesellschaftlichen Übergang, provoziert den Übergang letztlich selbst. Das bedeutet aber zugleich zur Kenntnis zu nehmen, welche Innovationspotenziale der bestehenden Gesellschaft innewohnen. Marx sagte dazu, dass jedes Ding mit seinem Gegenteil schwanger geht.
Arne: ich finde deutlich antikapitalistische töne im programm. man muss es wirklich in ruhe und zuende lesen und nicht immer nur das glauben was welt und junge welt so meinen :-)
Moderator: @Benjamin: Möchtest Du noch etwas zu den anderen Fragen sagen?
Benjamin_Hoff: Zu skintom: Ich sehe die Erfolgschancen der heutigen Studierendenbewegungen weniger gut als in den siebziger Jahren. Damals gab es einen Wohlfahrtsstaat und eine keynesianische, also staatliche Aktivitäten ausgerichtete Politikl. Heute dominiert ein neoliberaler Mainstream, auch in den Hochschulen - Betriebswirtschaft ist Leitwissenschaft. Darüber hinaus hat sich die Debatte enorm verschoben, wie bei den Studiengebühren deutlich wird. Anfang der 90er debattierten die Leute über Studiengebühren, um Kinder von Reichen finanziell zu beteiligen. Nun geht es um die Verhinderung von Studierenden, die quasi als "Sozialschmarotzer" wahrgenommen werden. Der autoritäre Sozialstaatsdiskurs wird hier auf die Studierenden übertragen.
Moderator: ah, ok :) war ich zu schnell...
Benjamin_Hoff: Nachtrag zu skintom: Ein weiteres Problem ist die weitgehende Abwesenheit von organisierten linken Hochschulstrukturen über einzelne Hochschulen hinaus, wie sie früher durch die RSG, Basisgruppen, MSB oder SHB dargestellt wurden. Das wirkt sich in Streiks, aber besonders den Flautephasen dazwischen aus.
Benjamin_Hoff: An LosPorcos: Ich halte die Forderungen der Studierenden als solche nicht für übertrieben. Denn wer als politischer Akteur im Protest, seine Forderungen nur auf das beschränkt, was sich vielleicht durchsetzen lässt, der hat bereits eine Schere im Kopf. Der Konflikt entsteht jedoch dann, wenn keinerlei Verständigung über die Prämissen möglich ist, die für unsere ENtscheidungen im Parlament als rot-rote Koalition möglich sind.
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Was unterscheidet denn KONKRET die aktuelle Regierungspolitik der rot-roten Koalition in Berlin vom etwaigen Handeln einer Ampel oder einer Großen Koalition? Hat die PDS irgendwie erreicht dass durch sie weniger an Bildung gespart wird(ich als Schüle fühle mich da auf Neudeutsch VERARSCHT dass ich mir Schulbücher kaufen muss im Wert von 80€ die ich dann nicht einmal bekomme)"
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Aber Gysi hat doch versprochen, dass man bei Bildung sogar noch draufpackt?"
Benjamin_Hoff: Wir haben in unserem Wahlprogramm formuliert: „Berlins Finanzen zu sanieren, ist die Schlüsselaufgabe der kommenden Legislaturperiode. Nur mit geordneten Finanzen wird das Land in der Lage sein, den sozialen Ausgleich zu gewährleisten, den Benachteiligten zu helfen und in die Zukunft zu investieren. Eine Flucht in die Verschuldung ist unsozial. Sie nutzt vor allem den Banken und untergräbt die Handlungsfähigkeit des Landes. Deshalb streben wir an, die Neuverschuldung des Landes bis zum Ende des Jahrzehnts auf Null zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir ein Sanierungsprogramm erarbeiten, in dem nicht nur gesagt wird, wo und wie künftig eingespart werden soll, sondern auch, wofür. Verantwortliche Konsolidierungspolitik spart nicht auf Kosten der Zukunft, sondern schafft finanzielle Spielräume für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben. Wir setzen eine klare Priorität im Bereich der Bildungspolitik. Wir werden in die Köpfe und in die Fähigkeiten der Menschen investieren und nicht mehr nur in Beton. Um dieses Ziel zu erreichen, gehören alle anderen Ausgabenbereiche auf den Prüfstand. Wir sagen deutlich: Schmerzhafte Einschnitte werden unvermeidlich sein, vieles wird sich ändern. Aber auch hier ist soziale Gerechtigkeit die Leitschnur unseres Handelns.“ (Kapitel 2. Filz beseitigen, Haushalt sanieren: Der Stadt eine Zukunft bieten) Ich glaube, dass sich an einer ganzen Reihe von Entscheidungen nachweisen lässt, was uns von einer Ampel oder einer anderen CDU-Regierung unterscheidet: § Druckräume: Seit Frühjahr 2003 bestehen in Berlin vier Drogenkonsumräume (Kreuzberg, Mitte, Charlottenburg, Schöneberg). Hinzu kommen sollen, wenn der Bundesversuch erfolgreich ist, heroingestützte Behandlung und breite Methadonvergabe. § Zahnarzt für Obdachlose: Mit 85.400 € unterstützt Berlin künftig jährlich und langfristig die in Europa einmalige zahnärztliche Behandlung von wohnungslosen Menschen. § Politisches Mandat: die Möglichkeiten der Verfassten Studierendenschaften, sich zu allgemeinpolitischen Themen zu äußern, wurden verbessert. § Polizeireform: Die jahrelang kritisierte und immer latent rechtsradikale Freiwillige Polizeireserve wurde aufgelöst, die Reiterstaffel an den Bundesgrenzschutz abgegeben und die Finanzierung des Polizeiorchesters eingestellt. Eine Polizeistrukturreform wurde eingeleitet, mit der Hierarchien und Personal im Führungsbereich abgebaut werden. § Kennzeichnungspflicht: Die Kennzeichnungspflicht von Polizisten wird seit Sommer 2003 schrittweise umgesetzt. Das ist ein Teil der PDS-Politik, Deeskalationsstrategien statt Konfrontation bei Demonstrationen (z.B. 1. Mai in Kreuzberg) durchzusetzen. § Verfassungsschutz: Das Landesamt für Verfassungsschutz wurde von einem klassischen Geheimdienst zu einem Instrument wissenschaftlicher Beratung für Politik und Öffentlichkeit umgewandelt. Der Verfassungsschutz ist zu einer Abteilung zurückgestuft worden. § Die PDS hat das Kopftuchverbot gegen die SPD verhindert. § Einbürgerung: Anders als im Bundesgebiet steht der Bezug von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II einer Einbürgerung nicht mehr im Wege. § Chipkarte: Heidi Knake-Werner hat das unwürdige Chipkartensystem abgeschafft. Dort wo die CDU keine Mehrheit hat, bekommen die AsylbewerberInnen wieder Bargeld. § Unterbringung: Statt in Heimen werden die AsylbewerberInnen nun in Wohnungen untergebracht. Dies führt zu mehr Selbständigkeit. § Abschiebeknäste: Zwar konnte der Abschiebeknast bislang nicht abgeschafft, doch die dortigen Bedingungen konnten wesentlich verbessert werden. Es wurden Maschendrähte abgebaut und die Lebensverhältnisse verbessert.
Arne: hui, wo hast du das denn hergezaubert? :-))) kann man das unter http://www.benjaminhoff.de finden?
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Bedauerlicherweise kommt es bei allen Parteien und auch bei der PDS nicht selten vor, dass in den Wahlkämpfen von den Wahlkämpfern mehr versprochen wird als man danach zu halten in der Lage ist bzw. als im eigenen Wahlprogramm formuliert ist. Die Konsequenz folgt auf dem Fuß, wenn die Versprechen nicht eingehalten werden. Diesen Vorwurf muss sich auch Gregor Gysi machen. Die ganze PDS dafür in Haftung zu nehmen halte ich für nicht richtig, auch wenn wir uns vielleicht vorwerfen müssen, nicht stärker genug auf unser Wahlprogramm als der Grundlage unseres politischen Handelns zu verweisen.
Moderator: Äh, ich verweise auf das Transkript und stelle die nöchste Frage :)
Moderator: Frage von MINOS an Benjamin Hoff:    "Zum Thema Universitäten, Deutschland ist nach der Schweiz das Land, das man meisten pro Studenten ausgibt. Trotzdem reichen die finanziellen Mittel nicht aus. Wo liegt ihrer Meinung das Problem?"
Benjamin_Hoff: An Arne: Ich toure gerade durch die PDS-Gruppen und deshalb bin ich etwas vorbereitet. Man kann mich einfach einladen!
LosPorcos_(SII): Aber was ist mit den Forderungen nach mehr Demokratie an den Unis. Diese Veränderungen bedürfen nicht gerade einer großen Investition.
Benjamin_Hoff: An Minos: Das Problem liegt in einer seit Anfang der 70er Jahre fortlaufenden strukturellen Unterfinanzierung der Hochschulen. Im Zuge der sozialliberalen Bildungsreform wurde entschieden, die Hochschulen zu öffnen. Die Studierendenzahlen stiegen sprunghaft, doch nicht in gleichem Maße die öffentlichen Ausgaben. Darüber hinaus wird Bildung und Wissenschaft gesellschaftspolitisch noch nicht hinreichend Raum gegeben. Last but not least: Es gibt viele gute makroökonomische Gründe für Bildungsausgaben, doch Haushaltspolitik unterscheidet sich von Finanzpolitik und der jährliche Haushaltsblick verhindert diese langfristige Perspektive. Ich stehe alljährlich in Berlin vor diesem Problem.
Moderator: Frage von Stehgeiger an Benjamin Hoff:    "Wäre es nicht sinnvoller, die finanzielle Unterstützung für deutsche Hochschulen in Länder mit fehlendem/mangelhaften Bildungssystem zu stecken? Die Förderung von westlichen, kapitalistisch orientierten Denkeliten führt doch auf lange Sicht zu einer weiteren Entsolidarisierung der 1. mit der 3. Welt. Zudem könnten wir auch über Zuwanderung aus den geförderten Länder einen massiven Bildungsimport herbeiführen."
Benjamin_Hoff: An LosPorcos: Ich stimme dir vollkommen zu, weshalb wir im kommenden Jahr in der Novelle des Berliner Hochschulgesetzes die Mitbestimmungsrechte erweitern wollen. Lies dazu mehr unter: http://www.benjaminhoff.de/infodienst/wissenschaft/200312171700.html über die Berliner Debatte zur Viertelparität an den Hochschulen.
Benjamin_Hoff: An Stehgeiger: Ich plädiere dafür, das eine zu tun ohne das andere zu vernachlässigen. Die Bundesrepublik hat sich bereits Mitte der 70er Jahre auf eine signifikante Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit verpflichtet, dies jedoch nie umgesetzt. Hinzu kommt die wichtige Forderung von WEED u.a. nach Entschuldung der Trikontländer.
Moderator: Frage von Tino an Benjamin Hoff:    "Sind Studienkonten nicht eher ein Versuch Studiengebühren im Gegensatz zu anderen Ländern zu verhindern?"
Benjamin_Hoff: Dieses Argument bringt u.a. Wissenschaftssenator Flierl zu seinem Modell. Dazu ist zweierlei zu sagen: 1. Ich nehme Thomas Flierl 100% ab, dass dies sein Wunsch ist. Er möchte definitiv keine Studiengebühren. 2. Das Dilemma ist jedoch aus meiner Sicht, dass das von ihm vorgelegte Modell auf Studiengebühren hinausläuft. Mit anderen Worten: Hier soll ein Brand mit Feuer verhindert werden. Deshalb wiederspreche ich ihm und will, dass wir dabei bleiben, in Berlin weder Studiengebühren noch die -konten einzuführen.
Moderator: Frage von awiem an Benjamin Hoff:    "Gibt es positive Unterschiede des Flierschen Studienkontenmodell zu anderen Modellen?"
Arne: zu studienkonnten kenne ich eine nette fehlermeldung: http://www.uni-mainz.de/Organisationen/gruenlinx/pixel/abbrechen.gif
Benjamin_Hoff: An Awiem: Aus meiner Sicht ist die damit verbundene Intention eine andere. Flierl will wirklich Studiengebühren verhindern und ihm ist es egal, wie lange Studierende ihr Studium absolvieren. Das drückt sich auch in seinem bisherigen Modellvorschlag aus. Aber ich habe eben eine grundsätzlich andere Auffassung dazu. WICHTIG: Es gibt bisher nur ein Gutachten dazu, keine Parteibeschlüsse oder einen Gesetzentwurf, der der Einführung vorsieht.
Moderator: Frage von MINOS an Benjamin Hoff:    "Herr Hoff, wenn deutsche Studienplätze nach der Schweis die am best finanziertesten sind, wieso können dann die Hochschulen strukturel unterfinanziert sein"
Benjamin_Hoff: An Minos: Die Frage ist einfach zu beantworten: 1. Weil die Angabe so nicht stimmt, denn die skandinavischen Länder geben insgesamt mehr für Bildung aus und zweitens muss die Frage gestellt werden, wie gut die anderen Länder ihre Hochschulen finanzieren. Nicht umsonst protestieren auch in Frankreich z.B. Studierende gegen schlechte Hochschulausstattung. Last but not least: Wenn mehr als 1,9 Mio. Studierende sich rd. 900.000 Studienplätze teilen, spreche ich von einer strukturellen Unterfinanzierung.
LosPorcos_(SII): Ich sshe schon, dass wir gerade voll bei den Lösungen der Probleme sind. @ Benjamin: Siehst du noch wietere Sofortmaßnahmen, die schnelle Besserung bringen, um dann mit den langwierigen Reformen anzufangen? Oder läuft alles auf Besserung in den Kassen hinaus?
Benjamin_Hoff: An LosPorcos: Ich will nicht verstanden werden, als hätte ich eine schnelle Lösung für die Krise, in der wir uns befinden. Grundsätzlich plädiere ich natürlich - mit z.B. unserem Parteiprogramm - für eine grundsätzlich andere Finanzpolitik auf Bundes- und EU-Ebene. Nach Maastricht müssen diese Ebenen ja zusammengedacht werden. Und wenn wir zwischen 2003 und 2006 rd. 20 Milliarden weniger Steuereinnahmen erwarten müssen (Aussage der Bundesregierung), dann hat dies insbesondere für die Länder und die Gemeinden richtig schwerwiegende Auswirkungen, da deren Einnahmemöglichkeiten nur sehr begrenzt sind. Weil die Hochschulausgaben aber Ländersache sind, wird eine Lösung noch auf sich warten lassen. Für Berlin heisst dies z.B. für die Vermögensteuerforderung: Da die Steuerpolitik aber Sache des Bundes ist, kann darüber nur der Bundestag oder eine Mehrheit im Bundesrat entscheiden. Die rot-grüne Koalition im Bund setzt auf eine neoliberale Steuerpolitik: Senkung des Spitzensteuersatzes für die Reichen statt Abschöpfung der Vermögensteuer zugunsten von Bildungs- und Sozialausgaben. Eine Zustimmung der rot-roten Koalition zu dieser Steuerpolitik im Bundesrat gibt es nicht - wie heute wieder gezeigt wurde. Die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat verhindert auch die nur geringste Chance einer Vermögensteuerinitiative im Bundesrat. Das wiederum bedeutet: Mit der Vermögensteuer bekämen wir 300 Mio. € zusätzlich; durch die Steuerpolitik auf Bundesebene verlieren wir 400 Mio. €. Macht zusammen 700 Mio. € Verlust jährlich!
Moderator: Frage von Tino an Benjamin Hoff:    "Kannst du dir vorstellen, die 3 Unis Berlin zu einer "Uni Berlin" zu vereinen und den 3achen Verwaltungsapparat auf einen zu reduzieren?"
: marillion_(ksp) hat den Raum betreten
Moderator: nabend marillion. Stellst Du dich kurz für Benjamin vor?
Benjamin_Hoff: An Tino: Ich glaube, dass in Großfusionen nicht unbedingt eine Lösung der Probleme zu finden ist. Mit der Fusion der Universitätsmedizin ist die letzte notwendige Fusion im Wissenschaftsbereich vorgenommen worden, die durch die Trennung der Stadt bedingte Strukturen notwendigerweise zusammenführte. Aber ich kann mir ein Modell vorstellen, in dem die vier Universitäten (die Universität der Künste nicht vergessen!) bildlich gesprochen vier Haupteingänge und Hauptgebäude haben und hinten dran ein gemeinsamer Verwaltungstrakt zu Synergien und Einsparungen führt. Gleichwohl muss man aber zwei Dinge wissen: 1. Solche Zusammenführen kosten am Anfang häufig erst einmal Geld, bevor sie Einsparungen bringen. 2. Im Unterschied zu den Aussagen der beiden auf Privatisierungspolitik konzentrierten Parteien, FDP und Grüne, behaupte ich jedoch nicht, dass damit ein Großteil der Einsparungen aufgefangen werden könnte. Es handelt sich dabei um notwendige Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Hochschulen. Dabei sind die bisherigen Arbeitsplatzverdichtungen ebenso zu berücksichtigen wie die Folgen der abgeschlossenen Tarifverträge, die den Beschäftigten bereits viel abverlangen.
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Was halten sie von nachgelagerten Studiengebühren? Wäre das ein gangbarer Kompromiss der auch mit PDS-Grundsätzen vereinbar ist?"
marillion_(ksp): ich wollte nur kurz Benjamin begrüßen. schön dich hier zu finden auf der plattform
LosPorcos_(SII): Hallo Marillion.
marillion_(ksp): ich bin der momentane Internetkanzler bei Dol2day
Benjamin_Hoff: An DoubleB: Tja, da habe ich auch anfangs darüber nachgedacht. Früher hieß das ja Akademikerabgabe. Und auf den ersten Blick scheint das ja überzeugend zu sein: Wer später einen Job hat, zahlt seine Ausbildungskosten zurück. Aber ich vertrete ordnungspolitisch das Prinzip des Steuerstaates und will, dass die höheren Einkommen aufgrund eines Hochschulabschlusses auch durch Steuern abgeschöpft werden. Wem dies nicht reicht und wer sich seiner Hochschule verpflichtet fühlt, kann ja zweifellos an die Hochschulen spenden oder vererben. Dieses Geld geht dann in das Körperschaftsvermögen der Hochschule - das hat den Vorteil, dass der Staat da nicht ran kann.
Moderator: von DoubleB:Nachgelagert hieße, dass jemand die Kosten seiner (erweiterten) Bildung dann aufkommt wenn er durch diese erweiterte Bildung ein ertragreicher Beruf angenommen werden konnte. Damit wäre eine Art Umlagefinanziertes Bildungssystem vorhanden das sicherlich weitaus eher mit dem sozialistischen Grundgedanken vereinbar ist als sofortige Studiengebühren, selbst wenn Diese nur auf die Semester nach der Regelstudienzeit erhoben würden
Benjamin_Hoff: Herr Kanzler, ich fühle mich geehrt.
Moderator: nur als Nachsatz...
Arne: @benjamin, das ist unser internetkanzler, dem letztens rolf kutzmutz gratuliert hat: http://www.dol2day.com/index.php3?position=14000&ini_id=311
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Die PDS kommt insbesondere bei Studenten nun auch außerhalb Berlins in die Kritik. Erwartet ihr davon negative Folgen zur Abgeordnetenhauswahl oder zur Europawahl?"
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Wenn die Abschöpfung der Vermögen durch Steuern im Bundesrat blockiert wird, warum nicht zumindest die auf Studien bedingten Vermögen etwas abschöpfen durch nachgelagerte Studienbedingungen? Ist nicht ideal aber gewiss ein Schritt in die richtige Richtung, oder?"
marillion_(ksp): DoubleB meinte "nachgelagerte StudienGEBÜHREN"
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Die PDS Berlin hat 2001 ein außergewöhnliches Wahlergebnis erreicht – weit über dem bis dato erreichbaren Potenzial. Die Gründe dafür lagen 1. In der Kandidatur von Gysi, 2. In der außergewöhnlichen historischen Konstellation: Bruch der Großen Koalition nach 12 Jahren, kein Vertrauen in rot-grün als Regierungskonstellation. 3. Die Hoffnung vieler Bürgerinnen und Bürger, mit der PDS würde es sofort eine Besserung der Lage geben. Selbstverständlich besteht unser Ziel darin, unserem Wahlergebnis von 2001 bei den nächsten Wahlen 2006 so nah wie möglich zu kommen. Dennoch müssen die Chancen der PDS realistisch eingeschätzt werden. Wir gehen derzeit einen sehr schweren Weg bei der Bewältigung des verheerenden Erbes der Großen Koalition und dem Versuch, die Haushaltsnotlagegelder des Bundes zu erhalten. Diese erhalten wir nur bei einem Einsparungskurs. Das heisst: Wir wollen den Einstieg in die Konsolidierung und müssen 2,5 Mrd. € einsparen, um 35 Mrd. € von der Bundesregierung zu erhalten.
Benjamin_Hoff: An DoubleB: In einer Argumentationsbroschüre erläuterte der Ex-Wissenschaftsstaatssekretär Peer Pasternack (http://www.benjaminhoff.de/wissenschaft/studiengebuehren/200305101600.html): "Die Akademikersteuer spielt in den Diskussionen mittlerweile nur noch eine unterge-ordnete Rolle. Die Gründe dafür sind: · Steuerrecht ist Bundesrecht. Mithin setzt eine solche Abgabe eine entsprechende Einigung auf Bundesebene voraus. · Einkommensabhängige Steuern dürfen nicht zweckgebunden erhoben werden. · Nichtsteuerliche Varianten einer Akademikerabgabe (etwa hochschulgebundene Verträge zwischen den Studierenden und der Hochschule über spätere Zahlungs-leistungen) erforderten einen bürokratischen Aufwand, der in seinen Kosten nicht abschätzbar ist. Ebenso ist auch der Weg, eine nicht als Steuer deklarierte Akade-mikerabgabe nur in einem einzelnen Bundesland zu erheben, kaum begehbar: Der bürokratische Aufwand der Erhebung auch von BürgerInnen anderer Bundeslän-der – deren Einkommensdaten benötigt würden – wäre im Vergleich zum Einnah-meergebnis absurd hoch. · Von einer Akademikersteuer, die tatsächlich relevante Beiträge zur Hochschulfinanzierung erbringen soll, wären vor allem mittlere Einkommen betroffen. Dort aber entsteht dann regelmäßig das sog. Mittelstandsloch (im Hochschulbereich aus dem BAFöG bekannt): Die Betreffenden verdienen einerseits zu gut, um soziale Vergünstigungen zu erhalten; andererseits aber kommen sie dadurch, dass sie der vollen Abgabenbelastung jeglicher Art ausgesetzt ist, auf ein Realeinkommen, das mit Leistungsgerechtigkeit wenig zu tun hat und bei Familien mit Kindern zu be-denklich niedrigen Pro-Kopf-Budgets führt. · Schließlich lässt sich mit gewisser Berechtigung auch argumentieren, dass die Steuerprogression eine Akademikersteuer bereits umfasst: „Vielleicht sollte ein-fach den vergleichsweise wenigen Höchstverdienern ohne Studium ein Steuer-nachlaß gewährt werden“ (Dilger 1998, 13)."
Moderator: Frage von skintom an Benjamin Hoff:    "Sollte nicht gelten : Jeder nach seinen Fähigkeiten ? UNd Bildung erstmal grundsetzlich Aufgabe der Allgeminheit sein ? Ich verstehe hier die Diskussion um verkappte Studiengebühren nciht ?"
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Das sind sicher alles vernünftige Gründe, die von den Einzelnen aber kaum erwogen werden. Kritik an der Berliner PDS hört man auch außerhalb "linker Kreise" längst in Jena, Ilmenau oder Leipzig an der Uni. Wie soll man damit umgehen?"
Benjamin_Hoff: An Skintom: Ich denke MEINE Position ist klar geworden. Aber ich denke, dass ersteinmal jede Frage gestellt werden kann und das bessere Argument sich durchsetzt.
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Ich werde ja häufiger zu Veranstaltungen eingeladen und versuche dann am Anfang eine Grundprämisse zu klären: Gibt es die Bereitschaft zu akzeptieren, dass wir trotz und wegen der extrem schlechten Haushaltslage Berlins in diese Landesregierung gegangen sind und in oben beschriebenem Sinne versuchen den Einstieg in die Haushaltskonsolidierung zu erreichen und dabei für die Sicherung der sozialen Balance zu sorgen. Wenn diese Prämisse akzeptiert wird, müssen wir uns darüber verständigen, welche Möglichkeiten eine Landesregierung in der extremen Haushaltsnotlage zum Handeln hat. Und dann wäre zu analysieren, welche Entscheidungen in Berlin nur deshalb in den zwei Jahren getroffen wurden, weil es eine PDS in der Regierung gibt. Dazu nur ein Beispiel: Die Kita-Gebührenerhöhung in Berlin. Wir konnten sie zwar nicht verhindern, aber die Gebührenregelung eindeutig eine verteilungsgerechte Handschrift der PDS. Die Geschichte sieht wie folgt aus: 1. Hintergrund - Berlin hat bundesweit eines der besten Betreuungsangebote in Krippe, Kita und Hort: - 45% der Kinder unter 3 Jahren besuchen die Krippe - 92% der Kinder von 3 bis 6 Jahren besuchen die Kita - 60% der Grundschulkinder besuchen den Hort - Dieses Angebot ist pädagogisch, sozialpolitisch und ökonomisch sinnvoll (Standortvorteil!). - Die Elternbeiträge deckten bislang 11,7% der tatsächlichen Kita-Kosten. - Laut Berliner Kita- und Tagespflegekostenbeitragsgesetz wäre seit 2000 eine Beitragssteigerung um 7% möglich gewesen – das konnte verhindert werden. 2. Was wollten wir erreichen? - Keine lineare Erhöhung der Beitragskosten – stattdessen soziale Staffelung und mehr Gerechtigkeit! - Beitragserhöhung nur gegen Qualitätsveränderungen und Strukturveränderungen im Kita-Bereich! - Keine Verschlechterung beim Recht auf einen Kita-Platz. 3. Was wurde erreicht? - Mehr als 50% der Familien (=Jahreseinkommen bis 26.339 € brutto) zahlen bis Ende 2006 keinen Euro mehr! - Die Geschwisterermäßigung bleibt bestehen: bei zwei Kindern je 80%, bei drei Kindern je 60%, ab vier Kindern je 50% - Die Ermäßigungen gelten künftig bereits in der untersten Einkommensstufe und Geschwister werden bis zum 18. Lebensjahr berücksichtigt - Keine Abstriche beim Angebot (Mittagessen bleibt erhalten – ohne Preiserhöhung) - Statt 9 gibt es künftig 41 Gehaltsgruppen. Dadurch wird erreicht: - Familien mit 34.000 € Einkommen bezahlen künftig nicht mehr genauso viel wie Familien mit 39.000 € - Die Mehrverdiener zahlen dafür, dass Geringverdiener nicht mehr bezahlen müssen (Umverteilung!) - Das ist gerecht, denn die Mehrverdiener werden durch den Betreuungsfreibetrag und 1.500 € Steuererleichterung für Kinderbetreuung besser entlastet als durch höhere Kita-Beiträge belastet - Für Kinder im letzten Jahr vor Schuleintritt wird ein Ganztagsbetreuungsangebot nur als Halbtagsplatz berechnet (PISA) - Die verlässliche Halbtagsgrundschule mit beitragsfreier Betreuung bis 13:30 Uhr wird ausgebaut - Es werden 30 weitere beitragsfreie Ganztagsschulen geschaffen Ich glaube das hier ein deutlicher Unterschied zu allen anderen Parteien, insbesondere der von Ihnen angeführten FDP zu erkennen ist. Dieses Beispiel ist zugleich ein Beispiel für abwägendes Verhalten. Was hätten wir als PDS erreicht, wenn wir nicht für unseren Anspruch: Partei des Sozialen eingetreten wären?! Jede andere Koalition hätte eine lineare Kostenerhöhung mit der Belastung aller Gruppen vorgenommen. Wir haben die Mehrverdiener zugunsten der Geringverdiener belastet. Das ist aus meiner Sicht kein marginaler sondern ein grundsätzlicher Unterschied.
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Ich muss eingestehen, die Darlegungen haben mich überzeugt und zwar voll und ganz. Merkwürdiges Gefühl."
Benjamin_Hoff: Nachtrag: Es ist vielleicht deutlich geworden, dass ich aus einem bereits geschriebenen Brief zum Thema zitiere. Insofern Korrektur: Die FDP wurde hier nicht erwähnt.
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Sind die jetzt anfangenden Studenten soetwas wie die verlorene Generation? Oder anders gefragt, würden sie mir raten in Berlin zu studieren?"
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Hallo Benjamin Hoff. Die FDP fordert heute die Studenten sollen sich doch aufs Geld konzentrieren und radikale Forderungen absagen. Insbesondere gehts da ums allgemeinpolitische Mandat. Warum greift die Regierung nicht vor mit einer Initiative fürs Mandat? Quasi als Zugeständnis, wenn schon kein Geld da ist ein Zeichen guten willens?"
Benjamin_Hoff: An DoubleB: Ich rate jedem hier zu studieren. Ich stimme Wowereit ja selten zu, doch in einem Punkt hat er Recht: Berlin ist sexy! ;-)
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Wir HABEN bereits die Möglichkeiten bzgl. des politischen Mandats verbessert. Nach der Gesetzesnovellierung im Januar diesen Jahres erklärte Thomas Flierl: "Wichtig ist auch die Neuregelung der Aufgaben der Studierendenschaften. Das neue Berliner Hochschulrecht definiert ihre Aufgaben sehr präzise. Ausdrücklich wird klargestellt, dass ihr Mandat auch die Befassung mit solchen Themen umfasst, die eine Brücke schlagen zwischen den hochschulinternen Angelegenheiten und den allgemeingesellschaftlichen Bezügen, die sich aus der Aufgabenstellung der Hochschulen ergeben. Mit den neuen Vorschriften erhalten die Studierendenschaften deutlich mehr Rechtssicherheit in der Frage, welche Angelegenheiten ihr Mandat umfasst."
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Wünschst du dir manchmal die Verhandlungen der SPD mit den Grünen wären damals nicht gescheitert?"
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Tja, das sehe ich ambivalent. Die SPD hat ja mit den Grünen und der FDP verhandelt. Die FDP ist in Berlin für eine hemmungslose Privatisierungspolitik. Auch die Grünen hier entwickeln sich in diese Richtung, obwohl sie lange Zeit zu den linkeren Landesverbänden gehörten. Ich denke, dass wir als Regierungspartei viele unserer Ideen direkt durchsetzen können und Entscheidungen treffen, die keine andere Regierungskonstellation so treffen würde (Beispiele habe ich genannt). Aber ich mache auch sehr gern Oppositionspolitik und finde das wichtig und nicht nur die Schattenseite der Parlamentsarbeit. Insofern wünsche ich mir manchmal die einfachere Arbeit in der Opposition, denn für Linke ist die Regierungsarbeit zwangsläufig schwerer.
marillion_(ksp): da gebe ich dir recht ;o) ist nicht nur im RL so
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Du bist ja schon recht jung zur "hauptamtlichen" PDS-Arbeit gekommen. PDS und kein Ende oder hast du Vorstellungen, wie und wann es einmal außerhalb politischer Apparate weitergehen soll?"
Benjamin_Hoff: Danke für das Verständnis, Kollege Kanzler.
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Ich arbeite neben der Parlamentstätigkeit an der Humboldt-Universität als Lehrbeauftragter und schreibe an meiner Dissertation. Insofern ist die Perspektive klar. Nur ab wann, ist noch offen.
Moderator: Frage von MINOS an Benjamin Hoff:    "Deutschland hat im europäischen Vergleich sehr lange Studienzeiten. Würden kürzere Studenzeiten nicht die strukturelle Finanzierung der Hochschulen verbessern? Ausserdem würde damit das Eintrittsalter in den Arbeitsmarkt sinken und somit würden die Arbeitnehmer früher und länger Beiträge (Krankenkasse etc) zahlen. Beides Positive Effekte für unsere Gesellschaft und trotzdem wird nichts geändert."
LosPorcos_(SII): Wird sich Student sein in den nächsten Jahren gewaltig verändern oder rechnest du mit keinen schweren Reformen in den nächsten Jahren? Ich frage aus Neugier, weil ich ja auch auf einen Uni will, auch wenn die nicht in Berlin sein wird.
Benjamin_Hoff: An Minos: Zu den Fragen im Einzelnen: 1. Lange Studienzeiten. Die These geht von der Annahme aus, dass Langzeitstudierende Geld kosten würden. Das ist aus meiner Sicht nicht belegbar. Langzeitstudierende halten sich ja relevante Zeit nicht in der Hochschule auf und verbrauchen dort keine Ressourcen. Sie produzieren demnach keine Kosten. Kürzere Studienzeiten bedeuten ersteinmal sinnvolle Mehrausgaben durch eine adäquate Studienfinanzierung (BAföG). 2. Eintrittsalter in den Arbeitsmarkt: Wir blicken derzeit auf eine strukturelle Erwerbslosigkeit von rund einer Million Menschen. Das heisst, die spannende Frage ist nicht die Senkung des Eintrittsalters in den Arbeitsmarkt, sondern die Realisierung von Beschäftigungsdynamik und den Abbau von Erwerbslosigkeit. 3. Krankenkassen: Studierende zahlen ab dem 27. Lebensjahr reguläre Kassenbeiträge.
Benjamin_Hoff: An LosPorcos: Ich würde den Begriff "Reform" in Frage stellen. Gleichwohl wird es relevante Veränderungen geben, die sich derzeit bereits ankündigen bzw. umsetzen. Das eine ist der Trend zu Studiengebühren (auch international: Großbritannien, Österreich...), zum anderen die Umstellung auf Bachelor/Masterstudiengänge, also eher Kurzzeitstudiengänge, die ich wissenschaftspolitisch kritisch sehe. Weshalb ich mich dafür einsetze, dass wir nicht alle Studiengänge komplett auf BA/MA umstellen. Last but not least: Der Rückgang studentischen, politischen Engagements liegt auch daran, dass die Studienbedingungen politisch so verschärft werden. Dies führt letztlich zu eine, anderen Studienbewusstsein, das ich sehr problematisch finde.
Moderator: Frage von MINOS an Benjamin Hoff:    "@ Herr Hoff, in anderen Ländern sind die Leute nach 8 - 10 Semestern im Alter von 22 bzw. 23 Jahren fertig und steigen ins Berufsleben ein, das macht immerhin 4 bis 5 Beitragjahre aus"
Arne: mal ne ganz doofe frage eines "opas" wie mir (37): wie hoch ist eigentlich der bafög-satz heute?
Benjamin_Hoff: An Minos: Gegenfrage: Ist das ein für alle erstrebenswertes Ziel?! Ich verstehe Bildungsaneignung immer auch als einen individuellen Gewinn. Deshalb ist die Frage der Studienzeit für mich nicht die entscheidende. Ich denke aber, dass aus Ihrer Logik die von Ihnen vertretene Argumentation stimmig ist.
Benjamin_Hoff: An Arne: Der BAföG-Regelbedarfssatz (Grundbedarf und Bedarf für die Unterkunft) beträgt in Deutschland bzw. im EU-Ausland bei auswärtiger Unterbringung 466 €/monatlich, für Elternwohner 377 €/monatlich. Sofern die Miete 133 € übersteigt, eigene Kranken- oder Pflegeversicherungsbeiträge gezahlt werden, kann der BAföG-Förderungsbetrag bis zu 585 €/monatlich bei auswärtiger Unterbringung, für Elternwohner bis zu 432 €/monatlich betragen.
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Ich habe sie noch als Praktikant kennengelernt während sie die Rolle eines dynamischen Oppositionspolitikers spielten. Deshalb meine Frage: Regierungsbeteiligung da-Dynamik verschwunden?"
Arne: hm, das ist ja nicht mal die hälfte dessen, was zum beispiel katja kipping als soziale grundsicherung fordert (ich frage so doof, weil ich vor fast 20 jahren als studi in berlin auch immer noch die hälfte des monats am ende des geldes hatte)
Benjamin_Hoff: An DoubleB: Ich will die Frage so beantworten: Ich nehme meine Arbeit genauso ernst wie früher und engagiere mich in gleichem Maße (s.a. http://www.benjamin-hoff.de). Heute verbringe ich aber etliche Stunden in Koalitionsrunden, bei denen viel Zeit damit verbracht wird, schlechte Vorschläge des Koalitionspartners abzulehnen. Darüber hinaus muss ich zwangsläufig viel mehr erläutern, was wir warum tun. Deshalb ist man auf manche Ergebnisse eigenen Handelns nicht mehr so "stolz" wie ehedem.
Moderator: Frage von SoleSurvivor an Benjamin Hoff:    "Berlin gilt ja als "die" Stadt des kalten Krieges. Findest du, dass du wegen deiner Arbeit öfter als Stasi, SED oder dergleichen beschimpft wirst als möglicherweise in anderen Teilen Deutschlands?"
Benjamin_Hoff: An Arne: Absolut zutreffend.
Benjamin_Hoff: An SoleSurvivor: Spätestens seit der Wahl 1999 ist der Stasi-Vorwurf gegenüber der PDS in Berlin faktisch nicht mehr präsent. Die Tatsache, DASS wir hier mit der SPD koalieren, spiegelt das wieder. Ich habe vielmehr das Gefühl, dass dieser Vorwurf mir in den alten Bundesländern sehr häufig gemacht wird. Ich bin dann immer ganz baff.
Moderator: Da die Zeit langsam zuende geht, komme ich zur letzten Frage meinerseits.
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Hätte sie nicht Interesse das Projekt dol2day als direktes Mitglied weiterzuverfolgen? Was hier an demokratischer Struktur und (teilweise überparteilicher) Kommunikation existiert ist sicher auch für die "echte" Politik interessant, zumal die hiesigen Diskutanten nicht mal Diäten für ihre Vorschläge bekommen."
LosPorcos_(SII): Nun hier in Sachsen ist dies ein Hauptvorurteil gegenüber der PDS. Es wundert mich fast, dass dich das erschreckt.
Benjamin_Hoff: An DoubleB: Ich finde das Projekt, genauso wie ganz viele andere sehr spannend. Leider wird mir jetzt schon der Vorwurf gemacht, ich täte zuviel und würde das Geheimnis nicht verraten, wie man sich drei extra Stunden pro Tag zaubern kann. Aber ich bin gern bereit mal wieder so einen Chat mitzumachen. War auch für mich spannend.
Benjamin_Hoff: An LosPorcos: Mal spaßhaft! Vielleicht zeigt sich hier wieder die typisch Berliner Weltoffenheit?! ;-)
Arne: wann kommt endlich mal ein leichtverständlicher reader der PDS berlin raus, der wirklich SELBSTKRITISCH halbzeitbilanz ohne schuldzuweisungen an z.b. gysi zieht?
Moderator: Frage von DoubleB an Benjamin Hoff:    "Es bestünde ja die Möglichkeit der unentgeldlichen Ehrenmitgliedschaft... :-)"
Arne: @benjamin das mit dem e.V. ist ne tolle sache. riesenhuber ist auch ehrenmitglied :-)
Arne: http://www.dol2day.com/index.php3?position=14000&ini_id=1423
Moderator: @Arne: Na ob das ein Anreiz für Benjamin ist ;-)
Moderator: Frage von AStA_FHTW an Benjamin Hoff:    "Hier ist der AStA der FHTW. Würdest Du vor unserer VV ne Infoveranstaltung machen? Ist am 5. Januar."
Arne: @oliver, natürlich. da muss man hin :-)
Benjamin_Hoff: An Arne: Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal: 1. Leichtverständlich (bei mir vollkommen unmöglich) 2. Selbstkritisch (nie können wir so selbstkritisch sein, wie andere dies von uns erwarten). 3. Ansonsten empfehle ich den Newsletter der PDS Berlin. Tagesaktuell zum selbsteinschätzen. Als Ehrenmitglied wird man eingeladen, das macht man nicht selbst. Bezogen auf Riesenhuber: Wenn ich keine Fliege tragen muss.
Moderator: @Benamin: Wir kommen auf Dich zu.
LosPorcos_(SII): Tja Berlin war schon immer etwas anderes, zumindest aus Sicht der Berliner *grins*. Danke für den Chat. War sehr interessant mit dir.
Benjamin_Hoff: An FHTW-AStA: Hallo Kollege. Am 5.1. ginge um 11:00 Uhr in der Treskowallee?! Für anderthalb Stunden.
Arne: die einladung war schon so gemeint
Benjamin_Hoff: Okay, bin gern Ehrenmitglied! Vielen Dank!! Und das in Anwesenheit des Kanzlers, ich bin gerührt und brauche sonst kein Weihnachtsgeschenk mehr! ;-)
Moderator: Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Dir fürs Kommen, bei Arne für die Organisation und bei allen Fragestellern fürs Fragenstellen.
Arne: der chat war total spannend, und du warst wirklich gut vorbereitet. ich wünsch dir schöne feiertage mit deinen lieben und maximale erfolge weiterhin. danke für diese zeit! :-)
Benjamin_Hoff: Liebe KollegInnen und GenossInnen, ich muss mich bedanken und komme gern wieder!!! Gutes neues Jahr und schöne Feiertage.
LosPorcos_(SII): Schöne Weihnachten noch an alle
Moderator: Frage von AStA_FHTW an Benjamin Hoff:    "wäre perfekt, da die letzte vv um 12:30 war; als Informationsveranstaltung und Podiumsdiskussion im Audimax Treskowallee"
: Benjamin_Hoff hat den Raum verlassen
Moderator: Auf wiedersehen :)
LosPorcos_(SII): Tschüss