07.02.2006 - SIP vs. @UNION

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Battle of Parties Thema

Soll Deutschland den Atomausstieg wie geplant vollziehen? vom 07.02.2006

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SIP

Kein Ausstieg aus dem Ausstieg!

Für manche Politiker boten sich in den letzten Wochen und Monaten genügend Argumente, den Atomausstieg zu überdenken: steigende Energiepreise, Russlands Spiel mit dem Gashahn sowie die angeblich höchsten Sicherheitsstandards deutscher Kernkraftwerke. Dies alles garniert mit der Behauptung, dass Deutschland sich ohne Atomenergie im Energiemix allzu abhängig von Rohstoffimporten machen würde. Können die vorgebrachten Argumente überzeugen? Dazu im Einzelnen:

Importabhängigkeit

Insbesondere die Auseinandersetzung zwischen dem russischen Gasunternehmen Gazprom und der Ukraine um die Gaslieferungen liefert den Vorwand für eine Diskussion um die Rohstoffabhängigkeit der deutschen Energieversorgung. Kernaussage: Uns kann auch jederzeit der Gashahn zugedreht werden, also müssen wir unsere AKWs weiterlaufen lassen. Übersehen wird hier zum einen, dass aktuell bis auf die beiden altersschwachen und kleineren Reaktoren Stade und Obrigheim noch alle Atommeiler an Netz sind. Selbst wenn man also Lücken in der Energieversorgung annehmen würde, würde eine schlichte Laufzeitverlängerung nur den Status Quo zementieren. In dieser Logik wäre die Forderung nach Neubauten von AKWs folgerichtig. Dass diese Logik aber auf Sand gebaut ist, verdeutlicht sich beim näheren Hinsehen. Der Energieverbrauch einer Volkswirtschaft spaltet sich in drei Bereiche auf: Verkehr, Wärme und Strom. Ein beliebiges Wechseln zwischen den Bereichen ist nicht möglich. Während nun Gas eine gewichtige Rolle insbesondere in der Wärmegewinnung spielt, ist der Stromanteil von Gas eher gering. Umgekehrt ist Kernenergie ausschließlich zur Stromgewinnung geeignet, während die Wärme in Kühltürmen und Flüssen ungenutzt verdampft. Aber die Abstrusität des Import-Arguments wird umso deutlicher, wenn man einen Blick in die Statistik wirft: auch Uran muss zur Energiegewinnung importiert werden. Und zwar zu stolzen 100%! Über die Endlichkeit auch dieser Ressource soll an dieser Stelle nicht ausführlich geschrieben werden, nur soviel: Je nach Berechnung sind die Uranvorräte in den nächsten 25-40 Jahren bereits erschöpft. Nur die Wiederaufbereitung mit dem hochgefährlichen Abfallstoff Plutonium könnte dies strecken.

Sicherheitsstandards

Immer wieder bekommt man zu hören, dass die deutschen Kernkraftwerke die sichersten der Welt seien. Das stimmt allerdings nur zum Teil. Beispielsweise ist die Betondecke älterer Reaktoren deutlich dünner ausgefallen als die neuerer Modelle. Gerade die umstrittenen AKWs Neckarwestheim und Bilblis A sind Reaktoren, die einem Flugzeugabsturz aller Voraussicht nach nicht standhalten würden. Wollte man diese Reaktoren nun auf unbestimmte Zeit am Netz lassen, wären teure Nachrüstungen der Anlagen fällig. Bisher stehen klare Aussagen der Kraftwerksbetreiber allerdings aus, ob sie zu solchen Maßnahmen bereit wären. Dass diese Kosten im Falle eines Weiterbetriebs natürlich auf den angeblich so günstigen Atomstrom umgelegt würden, dürfte außer Zweifel stehen.

Steigende Energiepreise

Mit Blick auf die Preise stimmt es sogar, dass die Produktion einer Kilowattstunde Atomstrom deutlich günstiger ist, als andere Energiequellen. Woran das liegt? Die Kernkraftwerke in Deutschland sind längst abgeschrieben, weshalb jede Minute Laufzeitverlängerung nahezu der reine Gewinn ist. Das dies bei sicherheitstechnischen Nachrüstungen nicht so bleiben würde, ist bereits ausgeführt worden. Allerdings stellt sich dann doch die Frage, warum ausgerechnet in Baden-Württemberg die Strompreise im Bundesvergleich am höchsten sind, während hier gleichzeitig mit knapp 60% der größte Atomstromanteil der Republik herrscht. Das liegt wohl in erster Linie daran, dass auch die Energie Baden-Württemberg (EnBW) keine karitative Einrichtung ist, sondern Geld verdienen will. Und da es neben einer dort steigenden Bevölkerung auch weiterhin energieintensive Großbetriebe im Land gibt, ist die Nachfrage da. Vor diesem Hintergrund wäre auch bei einem allgemeinen Anstieg des Strompreisniveaus nicht damit zu rechnen, dass die EnBW ihren Strom unterhalb dieses Preises anbieten würde.

Fazit: Zu kurz gedacht!

Unter dem Strich können die gängigen Argumente in der aktuellen Debatte für die Laufzeitverlängerung nicht überzeugen. Bei näherem Hinsehen erweisen sie sich als fadenscheinig und verdeutlichen bestenfalls die Interessen der Atomlobby. Weitere Überlegungen wie zum Beispiel die nach wie vor ungelöste Endlagerfrage, oder die Vorteile einer eher dezentralen Energieversorgung im Vergleich zu den Riesenkraftwerken früherer Zeiten verdeutlichen nur den Gesamteindruck, dass die Atomenergie der Vergangenheit angehört.

@UNION

Die Energieversorgung des Landes ist eine der größten in die Zukunft gerichteten Herausforderungen für die Regierungen der Welt. Eine fehlgeleitete Politik kann dabei Dimensionen entwickeln, die den Wohlstand des Landes auf lange Sicht vollständig gefährden kann.

Deutschland ist aufgrund seiner technologischen Qualifizierung ein Vorreiter in der Schaffung von Alternativen zu den fossilen Brennstoffen. Auf dem Gebiet der Solar-Energie gelten die deutschen Anbieter als Vorreiter in der Welt. In Sachsen steht die eine erste Anlage für die Erforschung der Treibstoffproduktion durch den Einsatz von Mikroorganismen.

Ziel der Politik muß es sein, geeignete Szenarien zu entwickeln, um die Energieversorgung des Landes sukzessive von der Abhängigkeit von endlichen Rohstoffen abzukoppeln und zu idealerweise 100% an die Versorgung durch regenerative Brennstoffe zu koppeln.

Das bedeutet langfristig den Ausstieg aus der Energieerzeugung aus Kohle, Gas, Öl und auch der Kernenergie.

Die Bunderegierung unter Kanzler Schröder hat eine einseitige Endlichkeit der Kernenergie beschlossen und umgesetzt, so dass für alle Kernkraftwerke in Deutschland die Abschaltzeiten inzwischen feststehen. Dieser Schritt ist im Idealfall des oben beschriebenen Konzept sicherlich richtig, kommt aber deutlich zu früh, weil Deutschland das oben beschriebene Konzept noch nicht vorlegen kann, weil die Technologie noch nicht zur Verfügung steht. Hier trägt die Entscheidung der Schröder-Regierung eindeutig die populistische Handschrift des Umsetzens einer an sich richtigen Entscheidung zur Unzeit und Erwerben der Wählergunst.

Die UNION ist sich demnach bewußt, dass Kernenergie nicht Bestandteil eines Konzeptes der langfristigen Sicherung unserer Energieerzeugung sein kann. Aber ein Abschalten nach dem Plan der Schröder-Regierung ist der Schritt zu einer offenen Flanke zu einem Zeitpunkt, an dem Alternativen noch nicht sicher zur Verfügung stehen und Lücken durch Einkauf externer Energie bei unseren Nachbarn zu einer höheren Abhängigkeit führen, als sie heute schon gegeben ist.

Ja, für einen Atomausstieg, aber nein, wenn er auf Basis einer unsicheren Energieversorgung der Zukunft geschieht.

Ergebnis

111 Stimmen für die SIP
96 Stimmen für die @UNION
18 Enthatungen

Die SIP gewinnt das BoP.

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