08.02.2006 - BA vs. DZP: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 18. August 2006, 20:22 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Battle of Parties Thema
Brauchen wir die deutsche Leitkultur? vom 12.02.2006
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BA
Fixstern am Abendhimmel Europas: Ein Essay zur deutschen Leitkultur - Plädoyer für eine nationale Debatte
Die Wurzeln des Abendlandes - Gleichwertigkeit statt Gleichheit - das Erbe der deutschen Kulturnation - preußische Tugenden und regionale Vielfalt als kulturelle Grundlage - positives und differentes Bekenntnis zur Nation - Absage an einen wertenden Kulturbegriff - Leitkultur als Ausdruck von Zukunftsfähigkeit - Notwendigkeit einer strittigen Debatte
Eine deutsche Leitkultur ist ohne eine europäische Leitkultur undenkbar. Die europäische Leitkultur kann aber nichts anderes sein als die abendländische Kultur. Die kulturelle Definition dessen, was "Europa" ist, erfolgte geistesgeschichtlich betrachtet in Abgrenzung zu dem, was nicht-europäisch ist, und dieses Nicht-Europäische nannte man Morgenland im Gegensatz zum europäischen Abendland. Die abendländische Kultur ist weniger eine Kultur, die sich durch Baustile, Literatur oder Musik auszeichnet (das natürlich auch), als vor allem eine Geisteskultur, die aus verschiedenen geistig-philosophischen Wurzeln entstanden ist. Diese Wurzeln sind die griechische Philosophie, das römische Christentum, der Humanismus und die Aufklärung.
Der gemeinsame Kern, der in allen diesen Strömungen enthalten ist, ist die Überzeugung von der Gleichwertigkeit der Menschen. Der Begriff der Gleichwertigkeit ist dabei ein zutiefst ambivalenter Begriff, da er nicht einfach von der Gleichheit der Menschen ausgeht, sondern von ihrer Gleichheit in Verschiedenheit. Er betont einerseits, dass alle Menschen im Kern ihres Wesens gleich sind (ausgestattet mit den gleichen Rechten), andererseits verschweigt er nicht die grundsätzliche Verschiedenheit, die Individualität, die nicht nur einzelne Menschengruppen, sondern jeden einzelnen Menschen ausmacht. Früher wurde statt des Begriffes "Gleichwertigkeit" der Ausdruck "Gleichheit" verwandt, seit dem Aufkommen des Marxismus hat dieser Begriff jedoch einen Bedeutungswandel erlebt, der den Aspekt der Gleichheit auf Kosten des Aspektes der Vielfalt überbetonte, sodass es treffender ist, wenn man - im abendländischen und nicht-marxistischen Sinne - statt "Gleichheit" den Begriff "Gleichwertigkeit" verwendet.
Der Gedanke der Gleichwertigkeit war bereits in der griechischen Philosophenschule der Stoa hervorgetreten, die die Gleichwertigkeit der Menschen von dem göttlichen Funken ableitete, der in jedem einzelnen Menschen glühe. Das Christentum belegte später die Gleichwertigkeit aller Menschen mit der Bibelstelle Genesis 1:27, wo von der Gottesebenbildlichkeit aller Menschen gesprochen wird und im Neuen Testament von Jesu Gebot der Nächstenliebe. Der Humanismus als eine Philosophie, die den Menschen und sein Sein in den Mittelpunkt stellt, ging wesentlich von der Gleichwertigkeit aller Menschen aus, wovon das Werk Pico della Mirandolas "Über die Würde des Menschen" schon im Titel Zeugnis ablegt. Die Aufklärung als eine Geistesströmung, die die Vernunft in das Zentrum ihres Denkens stellte, musste die Gleichwertigkeit der Menschen ebenso folgerichtig anerkennen, ging sie doch davon aus, dass jeder Mensch unabhängig von Herkunft, Alter und Geschlecht gleichermaßen in der Lage war, seine Vernunft zu gebrauchen.
Das spezifisch Deutsche?
Wenn die abendländische Kultur das ist, was Deutschland mit dem Rest Europas verbindet, stellt sich die Frage nach dem spezifisch Deutschen in der deutschen (Leit-)Kultur. Da wäre, beim Volk der Dichter und Denker, natürlich zuerst das musische und literarische Erbe Deutschlands zu nennen, Goethe, Schiller und Eichendorff, Mozart, Händel und Bach als pars pro toto einer großen Kultur- und Geistestradition. Darüber hinaus die gemeinsame deutsche Geschichte, die sich nicht allein auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 oder die Zeit ab 1945 beschränkt und die auch nicht von Anfang an auf Hitler zustrebte, sondern die ebenso wie andere Staaten ihre Stunden des nationalen Stolzes hatte. Dieser Stolz offenbarte sich in der deutschen Geschichte zunächst nicht in der Schaffung einer Staatsnation, sondern der Proklamation der deutschen Kulturnation, deren neuzeitliche Anfänge bis Luther zurückreichen und die im 18. Jahrhundert in Gottscheds Deutscher Gesellschaft, in Lessings Theater, welches der ganzen Nation gehören sollte, und in Herders Bekenntnis zur kulturell inspirierten Nation eine beispiellose Blüte erlebte.
Darüber hinaus sind die Werte zu nennen, für die die Deutschen im Ausland nicht nur bekannt, sondern auch bewundert werden: Ordnung, Fleiß und Opferbereitschaft. Es stimmt zwar, dass diese Werte eigentlich preußisch sind, doch wurde Deutschland erst 1870/71 - maßgeblich durch Preußen vorangetrieben - zur Nation und für Jahrzehnte prägte Preußen Deutschland als Ganzes so sehr, dass Preußen im Ausland mit Recht zu einem Synonym für Deutschland wurde. Deshalb sind die preußischen Tugenden mit Recht auch deutsche Tugenden.
Regionale Vielfalt
Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Deutschland nicht einfach nur mit Preußen gleichzusetzen ist, sondern dass Deutschland seit seinen Anfängen im Mittelalter geprägt war durch eine außerordentliche Vielfalt an Lebensart und Kultur: die weltoffenen Hansestädte im Norden Deutschlands, das liberal-fröhliche Rheinland mit seiner Metropole Köln, das calvinistisch-sparsame Schwaben und das traditionsbewusste, barock-katholische Bayern. Diese Vielfalt, die auf gesellschaftlich-landsmännischer Ebene die individuelle Vielfalt der Menschen versinnbildlicht, das alles ist Deutschland und diese Vielfalt, das Bewusstsein um diese Vielfalt und der Stolz darauf macht Deutschlands Leitkultur aus, die in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr in Vergessenheit geraten ist oder zu geraten droht.
Deutschlands Leitkultur ist also die abendländische Kultur, mit der Würde und Freiheit des Individuums in seinem Zentrum, die deutsche Geschichte und Kultur, die deutschen Tugenden und die regionale Vielfalt. Diese Leitkultur kann nicht durch Gesetze staatlich verordnet werden. Erforderlich ist eine gesellschaftliche Diskussion. Was macht Deutschlands Identität aus, wie wollen wir uns selbst sehen und wie wollen wir von anderen gesehen werden. Wollen wir - wie bisher - uns negativ definieren, über die Ablehnung des Nationalsozialismus, unterschiedslos nach dem Motto alles, nur nicht so oder wollen wir uns positiv definieren über die Zustimmung zu abendländischen Werten, zu über 1000 Jahren deutscher Geschichte und zur regionalen Vielfalt Deutschlands? Welche Werte stellen wir in den Mittelpunkt, was kann Deutschland der Welt geben?
Darüber darf diskutiert werden und darüber muss diskutiert werden. Dabei geht es nicht nur um reine Begrifflichkeiten, bei denen man leicht zu allgemeiner Zustimmung kommen kann, sondern auch um deren Inhalt, der unser aller Leben prägt. Es darf, ja es soll sogar gestritten werden!
Jenseits von Hitler und Wirtschaftswunder?
Doch wieso überhaupt? Warum braucht ein Land eine Leitkultur? Jeder Staat hat eine Legitimation, jeder Staat bildet sich auf einem Zusammengehörigkeitsgefühl. Diese Identität entsteht, wenn man gemeinsam etwas durchstanden hat, etwas erlitten oder erreicht hat. Dieses Etwas war in der alten Bundesrepublik, der Bonner Republik, im Negativen die Ablehnung des Nationalsozialismus und dessen, wofür er stand, sowie im Positiven die gewaltige Aufbauleistung nach dem Krieg, die im deutschen Wirtschaftswunder der 50er Jahre unter Kanzler Adenauer und seinem Wirtschaftsminister Erhardt gipfelte. Der wirtschaftliche Erfolg und die allgemeine Prosperität schweißte die Deutschen, zumindest im Westen, zusammen.
Heute ist das Wirtschaftswunder nur noch eine blasse Erinnerung an eine glorifizierte Vergangenheit. Die Realität sieht anders aus. Die Bürger leiden unter einer hohen und ständig steigenden Abgabenlast, trotzdem können die maroden Sozialsysteme immer weniger leisten. Die Massenarbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen 15 Jahren als ein vermeintlich unabänderlicher Dauerzustand erwiesen, Tausende Unternehmen gehen bankrott. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands hat ihren zusammenschweißenden Kitt verloren und wird ihn eventuell nie wieder erlangen. Die Frage ist nun, was macht uns Deutsche aus, jenseits von Hitler und Wirtschaftswunder? Was verbindet uns?
„Nur wer die Unterschiede kennt, kann auch die Gemeinsamkeiten erkennen.“
Die Frage nach der Leitkultur und damit nach der nationalen Identität wertet nicht, wie Claudia Roth in einem Artikel in der FAZ schrieb, und schon gar nicht wertet sie andere, nicht-deutsche, Kulturen ab. Statt dessen beschreibt sie, erinnert sich, trägt zur Bewusstwerdung bei. Wer einen Fixstern bei Nacht betrachtet, der wertet doch deshalb die Pracht des Abendhimmels nicht ab, im Gegenteil! Es geht - auch wenn Frau Roth das nicht verstehen will, die wie einige andere in ihrer Partei anscheinend nur in Kategorien der Leistung und Wertung denken kann - nicht darum, welche Kultur besser ist, sondern wo die Unterscheide zwischen den einzelnen Kulturen liegen. Denn nur wer die Unterschiede kennt, kann auch die Gemeinsamkeiten erkennen. Wir sind alle Menschen. Aber wir sind auch Deutsche. Die Frage, was uns als Deutsche von anderen Menschen unterscheidet, denn etwas muss uns unterscheiden, sonst wären wir nicht Deutsche und die anderen Nicht-Deutsche, ist nicht nur berechtigt (andere Nationen diskutieren wie selbstverständlich darüber), sondern in einer Zeit der zunehmenden Identitätslosigkeit und Konfusion auch notwendig. Wo kommen wir her, wo wollen wir hin? Die Diskussion um die Leitkultur ist ein Stück Zukunftsgestaltung, vielleicht scheuen die Grünen sie gerade deshalb. Doch die Scheu der einen ist der Mut der anderen.
Djilas für die BA
DZP
Die Frage ist ungenau gestellt. Wenn mit "wir" die Gemeinschaft der Deutschen gemeint ist, so ist diese Frage ebenso klar mit "ja" zu beantworten, wie die Frage, ob wir atembaren Sauerstoff benötigen. Einzelne Gruppen, welche für sich auch ein "wir" darstellen, mögen das im Rahmen ihrer Ausgestaltungsfreiheit anders sehen und sich auch fremde Kulturen als Vor- und Sinnbild hernehmen.
Als Erben einer langen deutschen Geschichte können wir jedoch im eigenen Land von der eigenen Leitkultur schlecht Abschied nehmen. Wir brauchen nicht zu verleugnen, daß wir Deutsche mit einigem Stolz auf unsere Vergangenheit und auf die Leistung unserer Vorfahren blicken und wir sollten uns freudig zu unserem Land bekennen.
Bahnbrechende schöpferische Leistungen auf allen Gebieten wissenschaftlicher Welterklärung und technischer Weltbewältigung zeugen von dem geistigen Klima, das allezeit in unserem Lande herrschte, von der Schaffensfreude seiner Menschen und von den exzellenten Rahmenbedingungen, in denen deutscher Genius sich überreich entfaltete. Da sind deutsche Physiker, Chemiker, Biologen, Mediziner, Ingenieure, die den Naturwissenschaften Glanzlichter aufsetzten und leuchtende Wegbereiter des Fortschritts waren. Da sind deutsche Forschungsreisende, Entdecker, Geographen, Archäologen, Astronomen, die die Grenzen der bekannten Welt sprengten und in neue Dimensionen vorstießen. Da sind deutsche Literaten, Maler, Komponisten, Baumeister, Bildhauer, die ihre Künste auf höchste Gipfel führten und der Menschheit unsterbliche Meisterwerke schenkten. Und da sind deutsche Philosophen, Theologen, Historiker, Staatsrechtler, Nationalökonomen, die den Geisteswissenschaften Anstöße von weltgeschichtlicher Bedeutung gaben und so die Fundamente für die Zivilisation der Gegenwart legten. Alle diese Großtaten des Kopfes und der Hand, eingerahmt von Nobelpreisen ohne Zahl, sind unübersehbare und unverrückbare Zeugnisse der überragenden Schöpferkraft unseres Volkes und erfüllen uns, die Nachkommenden, mit Ehrfurcht, Dankbarkeit und riesenhaftem Stolz!
All diese Leistungen wurden nämlich nicht in einer Kultur der Beliebigkeit erbracht, sondern wurden aus dem deutschen Wesen selbst erzeugt. An diesem Wesen soll aber nicht die Welt genesen, sondern wir wollen mit unseren Leistungen die Welt befruchten, so wie wir gern Anregungen und Einflüsse anderer Kulturen annehmen. Wir begeben uns nicht in die Position, zu richten, welche Kultur die bessere oder wertvollere ist. Das mag jeder Mensch und jedes Land für sich entscheiden. Für uns Deutsche jedoch, die wir auf dem Erbe unserer Vorväter aufbauen, sollte es nicht nur eine Selbstverständlichkeit sein, unsere Kultur in unserem Land als Leitkultur zu sehen, sondern eine heilige Pflicht.
Ergebnis
75 Stimmen für die BA
48 Stimmen für die DZP
70 Enthaltungen
Die BA gewinnt das BoP.